Die Auswanderung aus Wittgenstein

In den Planungs-Grundlagen 1958 für den damals noch bestehenden Landkreis Wittgenstein wird die offizielle Zahl von 12.500 Personen genannt, die von 1719 bis 1819 aus der Region Wittgenstein ausgewandert sind. Diese Zahl deckt sich mit den Hochrechnungen, die Karl Hartnack aus Laasphe auf Grund von intensiven Untersuchungen Anfang der 30er Jahre des vorherigen Jahrhunderts in den beiden fürstlichen Archiven, den Wittgensteiner Kirchenarchiven, den noch vorhandenen Passagierlisten und vor Ort in den bekannten Einwanderungsgebieten der USA vorgenommen hat.

Die Anfänge der Auswanderung

… aus Wittgenstein reichen bis in das frühe 18. Jahrhundert zurück, also in eine Zeit, als noch 2 Grafschaften bestanden, nämlich die Südgrafschaft Sayn-Wittgenstein-Hohenstein mit Laasphe und die Nordgrafschaft Sayn-Wittgenstein-Berleburg mit Berleburg als Residenzstadt. Im Jahre 1792 wurde der Graf zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg und 1801 der Graf zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein in den Stand der Reichsfürstenwürde erhoben. Aber schon 1806 verloren beide Fürstentümer durch die Rheinbundakte ihre Eigenstaatlichkeit, d. h. sie wurden mediatisiert und in das Großherzogtum Hessen-Darmstadt eingegliedert. Schließlich wurde im Jahre 1816 auf dem Wiener Kongress, bei der Neuordnung Europas, aus beide Fürstentümern zuerst der Kreis Berleburg und ab 1. Juli 1817 der Kreis Wittgenstein in der neuen preußischen Provinz Westfalen gebildet.

Dieser kurze Rückblick auf die geschichtliche Entwicklung Wittgensteins ist notwendig, da die Auswanderung aus den beiden Grafschaften keineswegs parallel verlief. Die Nordgrafschaft Sayn-Wittgenstein-Berleburg stellte ca. 70% der Auswanderer, während es in der Südgrafschaft Sayn-Wittgenstein-Hohenstein nur 30% waren und dies, obwohl die Südgrafschaft einen Anteil von 56% an der Gesamtbevölkerung Wittgensteins hatte.

Der Hauptgrund

… dieser ungleichmäßigen Auswanderungen waren die schlechteren landwirtschaftlichen Bedingungen in der Nordgrafschaft, hervorgerufen durch die von der höheren Lage deutlich beeinflussten niedrigeren Temperaturen. Dies bedeutete für die damals hauptsächlich von der Landwirtschaft lebende Bevölkerung einen großen Nachteil. Es kam in den früheren oft sehr harten Wintern zu einer kürzeren Wachstumszeit, da im Frühjahr die Bearbeitung der landwirtschaftlichen Flächen in den Gebieten der Nordgrafschaft durchschnittlich erst drei bis vier Wochen später möglich war.

Die genauen Zahlen, Namen und Ziele

… aller Auswanderer aus den beiden Grafschaften werden sich nie feststellen lassen, da viele Einwohner „heimlich“ ausgewichen sind, um dem Abzugsgeld bzw. Zehntpfennig zu entgehen. Denn Vorschrift war, wer auswandern wollte, bedurfte auf Grund des persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses – der Erbuntertänigkeit – der Genehmigung seines Landesherrn und musste seine Dienstpflicht der Herrschaft gegenüber durch ein Abzugsgeld, auch Loskaufgeld oder Abschoss genannt, ablösen. Außerdem musste er von dem Wert der mitgenommenen oder vorher verkauften Vermögensgegenstände den zehnten Teil, den so genannten Zehntpfennig, an die Standesherrschaft abführen.

Eine weitere Schwierigkeit, genaue Auswandererdaten zu bekommen, liegt auch darin, dass die Losscheinanträge der ordnungsgemäß ausgewanderten Personen in den beiden fürstlichen Archiven bei weitem nicht mehr komplett vorhanden sind.

Schließlich sind auch die seit 1727 in Amerika, dem Hauptzielgebiet der Wittgensteiner Auswanderer, vorgeschriebenen Passagierlisten nicht mehr alle vorhanden. Bei den noch vorhandenen Listen kommt erschwerend hinzu, dass die Aufstellungen überwiegend von der Schiffsbesatzung nach Befragung der Auswanderer erstellt wurden und sie damit mit einer großen Fehlerquote behaftet sind. Anfangs wurden auch nur die männlichen Passagiere aufgeführt, erst später – falls vorhanden – auch die der Familienangehörigen.

Fest steht aber, dass eine extrem hohe Zahl der Wittgensteiner Bevölkerung vornehmlich im 18. und 19. Jahrhundert ihre Heimat verlassen hat. Da die Auswanderung zeitlich nicht gleichmäßig verlief, sondern zu bestimmten Zeiten sprunghaft anstieg, war der Bevölkerungsverlust in manchen Dörfern, vor allem der Nordgrafschaft, enorm groß. Überdurchschnittlich hoch war die Auswanderung aus Wittgenstein in den Jahren 1719 – 1725, 1795/96, 1818/19 und 1850 – 1855.

Die Gründe

…, welche so viele Menschen veranlasste, ihre Heimat aufzugeben, waren im Wesentlichen zwei Hauptmotive, und zwar die Auswanderung aus religiösen und aus wirtschaftlichen Gründen.

Die ersten bekannten Auswanderungen

… aus Wittgenstein erfolgten aus religiösen Gründen im Jahre 1719, als eine Gruppe von „Schwarzenautäufern“ über Krefeld und Holland nach Amerika, und zwar nach Pennsylvanien auswanderten, dem Land also, in dem der englische Quäker William Penn (1644 – 1718) versucht hatte, eine auf religiöse und geistige Toleranz beruhende Gesellschaftsordnung in die Tat umzusetzen. Bekanntlich war Wittgenstein um die Wende des 18. zum 19. Jahrhundert auf Grund der toleranten Politik der beiden Grafenhäuser Sammelbecken für viele religiösen Schwärmer, Inspirierten, Separatisten und radikalen Pietisten. Nach einem ersten kurzen Gastspiel bis zum Jahre 1700 in Berleburg waren sie dann auf Grund des besonderen Wohlwollens von Graf Henrich Albrecht zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein in Schwarzenau ansässig geworden. Dort wurde ihre Zahl stetig größer. Nachdem der politische Druck auf Graf Henrich Albrecht von außen immer mehr zunahm, sich auch der Widerspruch in der eigenen Familie immer vergrößerte und im Jahre 1719 sein Bruder Graf August David zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, der für religiöse Schwärmereien nichts übrig hatte, gleichberechtigt Mitregent wurde, verschlechterte sich die Lage der radikalen Pietisten zusehends und es kam zu den ersten erwähnten Auswanderungen. Wenn diese Auswanderer auch zum allergrößten Teil keine Wittgensteiner, sondern Zugezogene waren, so entstand jedoch Sogwirkung, die ihre Wirkung auf die einheimische Bevölkerung nicht verfehlte. Besonders briefliche Nachrichten aus dem „gelobten“ Land Amerika und im besonderen Pennsylvanien fielen auf fruchtbaren Boden und es kam zu einer ersten größeren Ausreisewelle, in der dann aber die wirtschaftlichen Gründe Motivation für die Auswanderung waren.

Die Lage der Wittgensteiner Bevölkerung

… stellte sich um diese Zeit ziemlich trostlos dar. Wie schon erwähnt, war der Haupterwerbzweig die Landwirtschaft und für einige die Köhlerei, verbunden mit dem Transport der Holzkohle in das benachbarte Siegerland. Die Landwirtschaft wurde aber von vielen ungünstigen Faktoren bestimmt. Raues Klima, hohe Niederschlagsmengen, relativ niedrige Temperaturen, kurze Wachstumszeit, große Frostgefahr und dazu ein karger, schwer zu bearbeitender und für die damaligen Verhältnisse sehr schlecht gedüngter Boden gaben den Menschen nur das Allernotwendigste zum Leben her und ließen bei dem damals herrschenden Kinderreichtum für die jungen Männer, die keine Zukunftsperspektiven sahen, oftmals nur die Auswanderung zu. Zu diesen schlechten äußeren Bedingungen, kamen noch die überproportionalen Abgaben, Belastungen, Steuern und Frondienste gegenüber der Standesherrschaft hinzu. Nach einer herrschaftlichen Verordnung aus dem Jahre 1741 gab es in der Grafschaft Wittgenstein-Hohenstein 19 ständige Abgaben und 100 unständige Abgaben. Dies alles in Verbindung mit dem in Wittgenstein üblichen „Anerbenrecht“, wonach nur das älteste Kind erbberechtigt für die Lehngüter war, ließ vielen jungen Menschen keine andere Wahl, als das Glück in der Ferne zu suchen.

Wenn auch für Wittgenstein hauptsächlich Amerika und hier im 18. Jahrhundert speziell Pennsylvanien Ziel der Auswanderungen war, so gab es doch noch verschiedene andere.

Schon im Jahre 1724 warb König Friedrich Wilhelm I. von Preußen in Werbeschreiben um Auswanderer in das so genannte „Preußisch Litauen“. Dies ist die frühere Bezeichnung des 1818 gegründeten Regierungsbezirks Gumbinnen in der Provinz Ostpreußen. Nach dem sehr harten Winter 1708/09 in Ostpreußen und nachfolgenden Missernten und Seuchen, vor allem der Pest um 1710, waren viele Todesfälle zu beklagen und in deren Folge waren viele Höfe verlassen. Diesen Aderlass versuchte zuerst König Friedrich I. und ab 1713 König Friedrich Wilhelm I. mit der Anwerbung von Auswanderungswilligen wieder zu schließen. Dieser Anwerbung folgten ab 1724 auch eine größere Menge Wittgensteiner, um nach Ostpreußen auszuwandern.

Russland in den Jahren 1764 bis 1774

… war Ziel vieler Auswanderer. Die damalige Regentin, Katharina die Große, eine geborene Sophie von Anhalt-Zerbst, also eine Deutsche, siedelte viele Deutschsprechende Familien im Gebiet der unteren Wolga an. Mitte des 19. Jahrhunderts folgten eine größere Menge von Mennoniten aus Deutschland dem Ruf nach Russland. Vor dem 1. Weltkrieg trugen viele Orte in Russland deutsche Namen, die auf entsprechende Einwanderung zurückzuführen sind. So fand ich in einem umfangreichen Weltatlas aus dem Jahre 1912, also vor Beginn des 1. Weltkrieges, auf halbem Weg zwischen Minsk und Borrisow den Ort „Wittgenstein“.

Weitere bevorzugte Auswanderungsgebiete

… waren das Baltikum, die Donauländer auf dem Balkan, Australien, Südamerika, hier vornehmlich Brasilien, Argentinien und Chile, Mexiko in Mittelamerika und in Nordamerika neben Pennsylvanien, die nahe der Ostküste gelegenen Staaten New Jersey, Virginia, Maryland, und Delaware, später nach der Erschließung die weiter westlich gelegenen Staaten Illinois, Iowa und Utah sowie im Süden Louisiana und Texas.

Vor der Ankunft im ersehnten neuen Land gab es für die Emigranten aber noch viele Hürden zu nehmen. Nach Zahlung des Loskaufgeldes und des Zehntpfennigs erhielten die Auswanderungswilligen ihren „Losschein“ und konnten die Heimat verlassen. Nun stellte sich das Problem, wie kam man bei den in jener Zeit herrschenden miserablen Straßenverhältnissen mit Sack und Pack von Wittgenstein zu seinem Einschiffungshafen bzw. in den osteuropäischen Raum zu seinem Zielort. Der Verkehr verlief damals auf unbefestigten Fahrwegen, in die die Wagenräder tiefe Spuren hinterlassen hatten. Besonders im Frühjahr und Herbst verwandelten starke Regenfälle die Wege oftmals zu einem einzigen Morast, während im Winter an eine solche Reise überhaupt nicht zu denken war. So benötigte man im 18. Jahrhundert Wochen, um von Wittgenstein zum Rhein und dann mit Frachtkähnen oder Flößen an einen Seehafen zu gelangen. Hinzu kamen bei der damals existierenden Kleinstaaten viele Grenzen, an denen Zölle bezahlt werden mussten und damit das sicherlich karge Kapital der Auswanderer noch mehr geschmälert wurde. Schließlich musste man in den damaligen Einschiffungshäfen Le Havre, Antwerpen, Rotterdam, Bremerhaven und Hamburg oftmals zu überhöhten Preisen den für die Überfahrt benötigten Proviant sowie die Gegenstände des täglichen Bedarfs, wie Matratzen, Bettzeug sowie Ess- und Kochgeschirr erwerben.

Nach der Bewältigung der Probleme

… im Einschiffungshafen stand aber der schwierigste Teil der Reise, die Atlantiküberquerung nach Nord-, Mittel- und Südamerika bzw. später nach Australien noch bevor. Zur Zeit der Segelschiffe, also bis etwa Ende der 1850er Jahre, war die Überfahrt sehr strapaziös, oftmals sogar lebensgefährlich. Zu enge Räume im Zwischendeck, die grob und provisorisch gezimmert waren, mangelnde Ernährung und besonders das faule Wasser auf der normalerweise 6 – 8 Wochen dauernden Überfahrt auf einem Segelschiff waren der Grund für eine hohe Krankheits- und Sterberate. Eines der größten Probleme war die mangelnde Hygiene. Die Belüftung des Zwischendecks erfolgte lediglich über ein oder zwei Aufgänge zum Oberdeck und über die Ladeluken, die aber bei Sturm und Regen geschlossen blieben. Die wenigen Aborte und die fehlende medizinische Versorgung trugen ein Übriges dazu bei, dass sich Krankheiten ungehindert ausbreiten konnten. So starben zum Beispiel 1855 auf der „Franciska“ bei der Fahrt von Hamburg nach Rio 24 von 220 Menschen. 1858 auf der „Howard“ von Hamburg nach New York durch Wassermangel und Cholera 37 von 286 Auswanderern. Auf der „Leibnitz“ 1867 ebenfalls von Hamburg nach New York sogar über 100 Menschen an der Cholera.

Die Gesamtsituation verbesserte sich, als 1832 eine Verordnung erlassen wurde, wonach jedes Schiff für 90 Tage Proviant für die jeweilige Anzahl Passagiere an Bord haben musste. Weitere Verbesserungen erfolgten durch die Bremer Auswanderergesetzgebung von 1849, 1866 und 1870.

Bei der Frage, wer wanderte aus Wittgenstein aus

…, kann man natürlich nur auf einige Besonderheiten aus der großen Zahl von Emigranten eingehen. Über das Schicksal der allermeisten dieser Auswanderer aus Wittgenstein ist nichts bekannt. Sie brachen die Kontakte zu ihrer alten Heimat ab und man hat nie wieder etwas von ihnen gehört. Fritz Krämer schreibt im Heimatbuch Wittgenstein I. „Tausende haben sich so recht und schlecht in der Neuen Welt durchs Leben geschlagen und viele haben es jämmerlich und mit Tränen bereut.“ Viele fanden an ihrem neuen Ziel die Lebensbedingungen nicht so vor, wie sie in Lockbriefen, durch Agenturen und von Werbern in der alten Heimat dargestellt wurden. Es war keinesfalls für die Mehrzahl von ihnen das „gelobte“ Land.

Gerade in Amerika sind aber einige Wittgensteiner zu hohen Ämtern und Würden gekommen

Da wäre als erstes Johann Christoph Sauer d. Ä.

… zu nennen, nach neusten Erkenntnissen zwar nicht in Wittgenstein geboren, aber doch etliche Zeit in Schwarzenau und Laasphe wohnhaft. Er wurde 1695 in Ladenburg geboren und ist 1713 in einem Untertanenverzeichnis von Schwarzenau belegt. 1720 heiratete er in Schwarzenau die Witwe von Pfr. Groos und 1721 wurde in Laasphe sein Sohn Johann Christoph geboren. 1724 bei seinem Abzugsgesuch aus Wittgenstein war er wieder in Schwarzenau wohnhaft. 1738 gründete er in Germantown/Philadelphia eine Druckerei, zu der er sich die Drucklettern aus der alten Heimat rüberkommen ließ. Die bedeutendste Leistung seiner Druckerei, auch was seine Druckqualität angeht, war die Herausgabe einer deutschsprachigen Bibel 1743. Es war der erste Bibeldruck in nichtenglischer Sprache in Amerika und begründete das auch noch heute vorhandene hohe Ansehen seiner Person in den Vereinigten Staaten.

Die wohl bekannteste Auswandererfamilie

… aus Wittgenstein ist die Familie Hüster (Schreibweise in Amerika: Hiester) aus Elsoff. Die Brüder Johannes, Johann Jost und Daniel wanderten 1732 bzw. 1737 nach Pennsylvanien aus. Einige Söhne dieser drei Brüder kamen in Amerika zu hohen Ehren.

Joseph Hüster, Sohn von Johannes

…, wurde mit 23 Jahren 1776 Mitglied der „Provinzial-Konvention“ und damit Mitverfasser der Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli 1776. Im Unabhängigkeitskrieg 1776 -1783 brachte er es bis zum Generalmajor. Nach dem Kriege übernahm er hohe politische Positionen, arbeitete an der amerikanischen Verfassung mit, wurde Staatssenator und schließlich 1820 Gouverneur des Staates Pennsylvanien.

Johann Hüster, erster Sohn von Daniel

…, wurde im Kriege ebenfalls Generalmajor, später Staatssenator und Kongressmitglied.

Daniel Hüster, zweiter Sohn von Daniel

…, wurde im Kriege Brigadegeneral, 1784 Mitglied des obersten Rates von Pennsylvanien und von 1794 bis 1804 Vertreter Pennsylvaniens im Kongress.

Gabriel Hüster, dritter Sohn von Daniel

…, war Major im Kriege, ab 1778 Mitglied des pennsylvanischen Landtages und anschließend Staatssenator.

William Hüster, vierter Sohn von Daniel

…, war im Kriege Hauptmann und später Staatssekretär von Pennsylvanien.

Johann Wilhelm Weber, geboren 1735

… in Feudingen, war erster Pfarrer in Fort Pitt, dem heutigen Pittsburg in Pennsylvanien. Sein damaliger Pfarrbezirk wird mit etwa neunmal so groß wie der ehemalige Kreis Wittgenstein beschrieben. Zudem lag er überwiegend in der damals noch gefährlichen Wildnis des Alleghany-Gebirges. Ihm wurde später zu Ehren ein Denkmal im County Westmoreland gesetzt.

Heinrich Matthey aus Berleburg

… gab ab 1852 das „Kreisblatt für den Kreis Wittgenstein“ heraus, aus dem dann ab 1856 das „Wittgensteiner Kreisblatt“ wurde. Als er mit seiner Familie 1873 nach Amerika auswanderte, ging der Besitz an Wilhelm Winkel über. Matthey ließ sich zuerst in Milwaukee in Wisconsin nieder und ging wenig später nach Davenport in Iowa. Hier gab er eine über die Grenzen bekannt gewordene Zeitung in deutscher Sprache heraus. Sein Sohn Dr. Karl Matthey, der 1852 in Berleburg geboren war, wurde in Amerika als hoch angesehener Arzt bekannt und gründete in Davenport die „Deutsche Klinik“.

Ebenfalls als Arzt sehr bekannt

… und im amerikanischen Bürgerkrieg von 1861 – 1865 hoch dekoriert wurde Dr. August Achenbach aus Niederlaasphe. Nach dem Kriege hatte er zunächst eine Praxis in Pittsburg und später in New York. Scheinbar hat ihn das Heimweh aber eingeholt, denn er kam wieder nach Wittgenstein zurück und praktizierte als Arzt ab 1872 zuerst in Laasphe und später in Flörsheim, Seligenstadt und Oberaula. Er starb 1890 in Frankfurt, wurde aber auf eigenen Wunsch in Niederlaasphe beigesetzt.

Es ließe sich sicher noch manches Einzelschicksal aufzählen, aber dies würde den Umfang dieser kleinen Übersicht sprengen. Erwähnenswert bliebe aber noch, dass es in den Vereinigten Staaten eine ganze Anzahl von Orten gibt, die auf die Gründung bzw. Stiftung von Wittgensteinern zurückzuführen sind. So sei als Beispiel hier nur „Hagerstown“ in Maryland nach Jonathan Heger aus Christianseck und „Womelsdorf“ im Berks County in Pennsylvanien nach Daniel Womelsdorf aus Diedenshausen genannt.

Bei den Kirchen kennt man z. B. die „Gernandskirche“, die „Spieskirche“ und die „Dreisbachkirche“, allesamt in der Nähe von Reading in Pennsyvanien. In der Nähe von Kutztown im Berks County hat der aus Wittgenstein eingewanderte Jost Saßmannshausen gleich zwei reformierte Kirchen mitbegründet, die „Mertzkirche“ in Mertztown und die „Longswampkirche“ in Longswamp.

Zum Schluss sei ein kleines Resümee erlaubt

Vergessen sollte man nicht, dass hinter jeder einzelnen Auswanderung ein tief greifendes Schicksal für beide Seiten – für die Daheimgebliebenen und für die Auswanderer – stand. In den seltensten Fällen hat es je ein Wiedersehen gegeben und es ist sicher so manche Träne vor Heimweh auf beiden Seiten geflossen. In dieser Zeit entstanden manches Lied und Gedicht, welches sich mit der Auswanderung beschäftigte. Eines der bekanntesten Auswandererlieder sei hier mit zwei Strophen aufgeführt, die ein wenig von den Abschiedsgedanken erzählen:

Ein stolzes Schiff streicht einsam durch die Wellen,
es führt uns unsre deutschen Brüder fort!
Die Flagge weht, die weißen Segel schwellen,
Amerika ist der Bestimmungsort.
Auf dem Verdecke stehen,
noch einmal anzusehen,
das Vaterland, das heimatliche Grün,
Mann, Weib und Kind, eh’ sie von dannen ziehen.

Wir stehen hier am heimatlichen Strande
und blicken unsern deutschen Brüdern nach.
Nicht Hochmut treibt sie aus dem Vaterlande,
nein, Nahrungslosigkeit und Not und Schmach.
Was hier nicht war zu finden,
wollen sie sich dort begründen;
Sie segeln von dem deutschen Boden ab
und suchen in Amerika ihr Grab.

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